Sächsische Marathonmeisterschaften – ach, sowas gibt‘s auch???
Die gute Nachricht vorab: Wie 2013 ist der Hetzdorfer SV auch dieses Jahr ganz vorn in der Ergebnisliste der Sächsischen Marathonmeisterschaften zu finden. In einer wahren Hitzeschlacht bei der gleichzeitig mit dem Chemnitz-Marathon ausgetragenen Landesmeisterschaft holten Claudia Hanisch (W35, 3:51:39) und Dirk Strohbach (M45, 3:16:35) die Titel in Ihren Altersklassen.
 
In der Gesamtwertung verpasste Dirk als Vierter knapp das Podest. Claudia wurde Zweite, bei allerdings nur fünf Teilnehmerinnen. Und da sind wir schon beim eigentlichen Thema:
Wer nämlich gedacht hatte, die jämmerliche Sächsische Meisterschaft 2013 im Rahmen des Göltzschtal-Marathons wäre nicht mehr zu unterbieten, wurde in Chemnitz eines schlechteren belehrt.

An den Trend, dass die Veranstalter immer neue, aberwitzige Teilnehmerrekorde vermelden, hat man sich ja gewöhnt. Dass dies jedoch ausschließlich mit LäuferInnen auf den Unterdistanzen, Bambiniläufen und vor allem Staffeln geschönt ist, fällt aber erstmal nur den Insidern auf.
Klar, den Veranstaltern in Chemnitz ging es in erster Linie um das Erreichen ihrer Spendenziele. Da ist erstmal Wurst, wer wo startet und der sportliche Wert der Veranstaltung sekundär.
Wenn allerdings nicht einmal 7% der Teilnehmer tatsächlich die 42,2 km laufen, ist die Bezeichnung Chemnitz-MARATHON einfach nur peinlich. Der Ehrlichkeit halber müsste es wohl eher Chemnitz-LAUF heißen, bei dem man auch über 42,2 km starten kann.

Vor diesem Hintergrund ist es natürlich völlig klar, dass die Veranstaltung spätestens nach dem Eintreffen des großen Mittelfeldes der Halbmarathonis im Ziel quasi beendet ist. Trotz Super-Organisation und toller Location vor der Stadthalle haben die meisten den Ort noch vor Eintreffen der Marathonis verlassen. Was juckt es den beleibten Viertelmarathoni, der eine Stunde nach dem Zieleinlauf mit 3 Bier, 2 Bratwürsten und 5 Energieriegeln seinen Kalorienverbrauch von der Strecke mehr als kompensiert hat, ob da eine junge talentierte Marathonläuferin aus Leipzig mit einer gigantischen Laufleistung und einer Zeit deutlich unter 3h sächsische Marathonmeisterin wird. Okay, es ist ihm auch nicht zu verübeln.

Viel deutlicher muss da der Sächsische Leichtathletikverband kritisiert werden. Dort scheint die Verleihung von Ehrenplaketten höhere Priorität zu haben als die Leistungen von Sportlern, die die Landesmeisterschaft (eine höherwertigere Veranstaltung gibt es in Sachsen nicht) in einer der schwersten, entbehrungsreichsten und anstrengendsten Laufdisziplin bestreiten. Einen Wettkampfbericht jedenfalls findet man auf der Homepage des LVS vergeblich.
Und auch bei der Siegerehrung vermisste man die personelle Präsenz vom LVS, von der man sich freilich nichts kaufen kann, aber gerade beim Marathon zieht man ja die meiste Motivation aus Anerkennung und Wertschätzung.
Apropos kaufen:
Gab es 2013 wenigsten noch ein paar Euro für das Erreichen eines Podestplatzes, war auch hier dieses Jahr Ebbe. Wenn man dann neben einer Urkunde (wenigstens das) eine Medaille mit dem Charme einer zentralchinesischen Pressblechfabrik bekommt, ist man froh, dass Moderator Bernd Lindner zumindest am Mikro versucht, ein klein wenig Siegerehrung-Atmosphäre zu schaffen.

Fazit:
Solange die Sächsische Marathonmeisterschaft von Seiten des Sächsischen Leichtathletikverbandes eine derart beschämend geringe Wertschätzung erfährt, bleibt dies eine regelrechte Witzveranstaltung, bei der man mit einem gefühlten BMI von 40 und einer Zeit von 4:50:30 sächsische Meister in der M35 wird (Sorry Andreas, das soll Deine erbrachte Leistung in keinster Weise schmälern – im Gegenteil: Respekt und Hut ab!).

Infos: http://www.lvsachsen.de/upload/pdf/Ergebnisse/2014/264e.pdf
Dirk Strohbach



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